Arbeitskreis Verrechnungspreise
Kurzinfo
Gründung: 2014
Ziele und Selbstverständnis des Arbeitskreises
Der Arbeitskreis Verrechnungspreise widmet sich aktuellen Fragestellungen rund um das Thema Transfer- oder Verrechnungspreise sowohl aus steuerlicher Perspektive als auch aus Perspektive des Controllings. Aktuell behandelte Fragestellungen sind zum Beispiel:
- Wie können immaterielle Vermögenswerte bei der Verrechnungspreissetzung zutreffend bewertet werden?
- Welche Entscheidungswirkungen haben Verrechnungspreissetzungen für Unternehmensbewertung und Investitionstätigkeit?
- Welche internen Steuerungs- und Verteilungswirkungen entfalten Verrechnungspreise bei dezentralen Organisationsstrukturen im internationalen Wettbewerb?
Die Auseinandersetzung mit Verrechnungspreisen erlaubt ein idealtypisches Zusammenwirken von Theorie und Praxis. Aus wissenschaftlicher Perspektive kann auf einen Literaturbestand mit über 100-jähriger Tradition zurückgegriffen werden. Bereits in seiner unveröffentlichten Habilitationsschrift aus dem Jahre 1903 setzt sich Eugen Schmalenbach mit der Verrechnungspreisproblematik in arbeitsteiligen Unternehmen auseinander. Neben Schmalenbach hat Hirshleifer die Verrechnungspreisliteratur nachhaltig geprägt. Beide Autoren kommen unabhängig voneinander zum Dilemma der pretialen Lenkung. Verkürzt formuliert erfordert die Bestimmung des korrekten Verrechnungspreises die Lösung eines Problems unter Einbeziehung des Teilproblems, mit dem sich der eigentlich über Verrechnungspreise zu steuernde Bereich konfrontiert sieht. Das bedeutet: Sind die korrekten Verrechnungspreise ermittelt, besteht kein Steuerungsbedarf mehr. Mit dem Aufkommen der Neueren Institutionenökonomik (seit 1970er Jahren), die explizit Zielkonflikte und Informationsasymmetrien zwischen Zentrale und Teilbereich berücksichtigt, lassen sich Verrechnungspreise sinnvoll für Probleme der Entscheidungsfindung und der Verhaltenssteuerung theoretisch behandeln. Ihren jüngsten Aufmerksamkeitshöhepunkt erreichen Verrechnungspreise im internationalen steuerlichen Kontext. Das Arm’s-length-Prinzip, auf das sich z.B. die OECD-Richtlinien prominent stützen, verlangt, dass Verrechnungspreise, die international tätige Unternehmen zur Gewinnaufteilung zwischen verschiedenen Jurisdiktionen heranziehen, dem Fremdvergleichsgrundsatz genügen sollen. Hier ergibt sich ein Zirkelschluss, da die Existenz eines internen Marktes in vielen Fällen auf das Fehlen vergleichbarer Transaktionen an einem anonymen Markt hindeutet. Dies ergibt sich theoretisch aus der Transaktionskostentheorie nach Coase (1937) bzw. Williamson (1975). Darüber hinaus ist bereits aus dem Beitrag von Alchian/Demsetz (1972) bekannt, dass bei einer echten Teamproduktion keine natürlich gerechte Zurechnung der Erfolgsbeiträge möglich ist.
Die theoretische Unmöglichkeit korrekter Verrechnungspreise hält Steuergesetzgeber aber regelmäßig nicht davon ab, genau solche zu fordern. Damit sieht sich die Praxis mit dem Problem konfrontiert, sinnvolle Heuristiken zu entwickeln, die akzeptable Verrechnungspreise liefern. Die politische Unzufriedenheit mit steuerlichen Transferpreisen führt dazu, dass auf Ebene der Europäischen Union bereits seit mehr als einer Dekade, die Einführung einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage (CCCTB) diskutiert wird, die das Steuersubstrat formelmäßig (FormulaApportionment) auf die Mitgliedstaaten aufteilen will. Vor diesem Hintergrund ist auch die Initiative der G20 und der OECD zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting - BEPS) zu verstehen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Thema Verrechnungspreise trotz oder gerade wegen seiner mehr als 100-jährigen Geschichte aus theoretischer und praktischer Sicht eine hohe betriebswirtschaftliche, steuerrechtliche und politische Relevanz besitzt. Der Arbeitskreis will fundiert zu dieser Diskussion beitragen.
Publikationen
- Zeitpunkt des Fremdvergleichs. In: Internationales Steuerrecht, 33. Jg. 2024, S. 534-542.
- Chancen und Risiken eines Cooperative Compliance-Ansatzes für die deutsche Besteuerungspraxis von multinationalen Unternehmen – Erfahrungen verschiedener Länder und Eindrücke deutscher Unternehmensvertreter. In: Internationales Steuerrecht, 31. Jg. 2022, S. 824-829.
- Die Bilanzen sind blind für Daten. In: FAZ v. 02.05.2022.
- Wie kompliziert darf eine Regel sein? In: FAZ v. 25.01.2021.
- Der Fremdvergleichs-Grundsatz: Warum man ihn weiterentwickeln, aber nicht ablösen sollte. Schmalenbach IMPULSE, 1. Jg. 2021, Heft 1, https://doi.org/10.54585/KUNE3386.
- Wem nutzt Public Country-by-Country Reporting? In: Schmalenbach IMPULSE, [online] https://schmalenbach-impulse.de/wem-nutzt-public-country-by-country-reporting/.
- Folgen der DEMPE-Konzeption für die steuerliche Erfolgsabgrenzung bei der Nutzung von immateriellen Werten. In: Die Unternehmensbesteuerung, 9. Jg. 2020, S. 523-531.
- Why the Arm’s Length Principle Should Be Maintained. In: International Transfer Pricing Journal, 27. Jg. 2020, Heft 6.
- Country-by-Country Reporting Goes Public – Cui Bono? In: International Transfer Pricing Journal, 27. Jg. 2020, Heft 2, S. 91-97.
- Data and Information as Taxable Assets. In: European Taxation, 60. Jg. 2020, S. 490-498.
- Immaterielle Vermögenswerte - ausgewählte Fragestellungen aus Sicht der unternehmerischen Praxis und der Wissenschaft. In: Die Unternehmensbesteuerung, 10. Jg. 2017, S. 537-542.
- Herausforderungen neuer digitaler Geschäftsmodelle für die Bestimmung von Verrechnungspreisen. In: Betriebswirtschaftliche Implikationen der digitalen Transformation. ZfbF Sonderheft 72/17. Hrsg. von Stefan Krause und Bernhard Pellens, Wiesbaden 2017, S. 143-165.
Öffentliche Sitzungen
- 69. Deutscher Betriebswirtschafter-Tag 2015: Immaterielle Vermögenswerte - Paradigmenwechsel durch die OECD BEPS Initiative?
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